1. Nach welchem Recht werden
Erbsachen in den USA entschieden?
Das Erb- und Familienrecht in den USA ist
hauptsächlich durch Gesetze des jeweiligen Einzelstaates geregelt. In
Kalifornien etwa findet der kalifornische Probate Code in
Verbindung mit anderen Gesetzen Anwendung. Formvorschriften und
Sachregelungen unterscheiden sich somit von einem Staat zum nächsten,
teilweise erheblich.
Beispielsweise ist ein eigenhändiges Testament ohne Bezeugung in
Kalifornien formgültig, in Florida hingegen allgemein nichtig.
Kalifornien und andere westliche Staaten kennen die eheliche
Zugewinngemeinschaft (community property), während
Staaten im Osten der USA andere Regelungen zum ehelichen Güterstand
haben.
Grundsätzlich wird in Erbsachen das Recht desjenigen Staates
angewendet, in dem der Erblasser zur Zeit des Todes “domiziliert”
(dauerhaft wohnhaft) war. Die Staatsangehörigkeit spielt dabei - im
Gegensatz zum deutschen Recht - keine Rolle. Zumeist gilt der letzte
Hauptwohnsitz als “Domizil”. Schwierige Fragen können jedoch auftreten,
wenn etwa der Erblasser in einen anderen Staat umzog, um zeitweilig bei
Familienmitgliedern zu wohnen.
2. Welche Pflichtteilsregeln gelten
in den USA?
In den meisten U.S.-Staaten (etwa
Kalifornien) unterliegen testamentarische Verfügungen keiner
Pflichtteilsregelung. Zum Beispiel wäre eine testamentarische
Gesamtverfügung ausschliesslich zu Gunsten eines Ehegattens unter
Übergehung der Kinder des Erblassers in Kalifornien gültig.
Diese Regelung kann im internationalen Rechtsverkehr zwischen den USA
und Deutschland oder anderen europäischen Staaten zu diffizilen
Problemen führen. Wenn etwa ein in Kalifornien wohnhafter deutscher Staatsangehöriger
Vermögenswerte in Deutschland hinterlässt,
wäre ein deutsches Gericht gehalten, die
Pflichtteilsregelung des BGB anzuwenden. Das
zuständige Gericht in den USA würder hingegen allgemein Verfügungen ohne Berücksichtigung
von Pflichtteilsansprüchen anerkennen.
Somit käme es zu einem Widerspruch zwischen Entscheidungen
amerikanischer und deutscher Gerichte. In der Praxis führen solche
rechtlichen Konfliktsituations zuweilen zu einem “Rennen zum Gericht”
(sog. forum shopping), indem Pflichterben und
Verfügungsbegünstigte jeweils das für sie günstigere Gericht anrufen,
und sogar versuchen, die für sie ungünstigeren Regelungen durch
Veräusserung oder Verschiebung von Vermögenswerten und andere
Massnahmen zu unterlaufen.
3. Nach welchen Regeln wird
Grundbesitz vererbt?
Während allgemein das Recht des Domizils (Dauerwohnsitz) des Erblassers
angewendet wird, gilt eine Sonderregelung für Grundbesitz. Sofern der
Nachlass Grundbesitz im Ausland oder in einem anderen US-Staat umfasst, ist auf solche Vermögenswerte das Recht
des Landes oder US-Staates anzuwenden, in dem sich der Grundbesitz
befindet.
Wenn etwa ein in Kalifornien wohnhafter Erblasser auch Grundbesitz in
Deutschland innehat, gelten in Bezug auf solche Nachlasswerte die
Regeln des deutschen Rechtes. In solchen Fällen kann eine sogenannte
Nachlassspaltung eintreten, d.h. Teile des Nachlasses werden nach unterschiedlichen
Gesetzesordnungen behandelt.
4. Wie funktioniert das Nachlassverfahren?
In Kalifornien geht der Nachlass
nicht automatisch auf die Testamentsbegünstigten bzw. Erben über.
Vielmehr muss hierzu zunächst ein gerichtliches Testamentsanerkennungsverfahren (sog.
probate) eingeleitet werden.
In bestimmten Fällen stehen abgekürzte Verfahren zur Verfügung.
Die Honorare sowohl des Nachlassverwalters
als auch des Anwalts des Nachlassverwalters sind in einer gesetzlichen Gebührentabelle als Prozentsatz des
Bruttowertes des Nachlasses (d.h. ohne Berücksictigung von Hypotheken udgl.) geregelt. Bei einem Nachlasswert
von $1.000.000 etwas beträgt das Grundhonorar für den Nachlassverwalter und für den Anwalt jeweils $23.000, insgesamt
also $46.000. Diese Honorare werden gewöhnlich erst bei Abschluss des Nachlassverwaltungsverfahrens unter gerichtlicher
Aufsicht aus dem Nachlass abgerechnet.
5. Wie funktioniert ein Trust?
Statt Vermögen nach Maßgabe eines Testaments zu vererben, wird in Kalifornien oft ein Trust (sog. “living trust”) errichtet. Vermögenswerte werden von dem Errichter in
den Namen des Trusts übertragen und dann von einem Trustverwalter nach Maßgabe der Trustanweisungen zugunsten eines oder mehrer
Trustbegünstigter verwaltet.
In den Namen eines Trusts übertragene Vermögenswerte gehören rechtlich nicht mehr zum persönlichen Vermögen des Errichters und werden somit auch nicht mit dem persönlichen Vermögen vererbt. Stattdessen
wird die Trustverwaltung von einem Nachfolgeverwalter weitergeführt. Die schriftlichen Trustanweisungen benennen gewöhnlich den oder die Nachfolgeverwalter.
In der Praxis benennt der Errichter des Trusts meist sich selbst sowohl als anfänglichen Trustverwalter als auch als anfänglichen Trustbegünstigten. Praktisch verwaltet also der Errichter
das Trustvermögen wie gehabt zu seinen eigenen Gunsten, allerdings jetzt im Namen des Trusts. Wenn der anfängliche Trustverwalter durch Unfähigkeit oder Tod ausscheidet, tritt an
seine Stelle ein Nachfolger. Gewöhnlich ist der Nachfolgeverwalter in den Testamentsanweisungen benannt.
Nach dem Tod des anfänglichen Trustbegünstigten bestimmen die Trustanweisungen oft, dass das Trusteinkommen an einen Nachfolgebegünstigten zu bezahlen ist. Es kann auch bestimmt werden,
dass das gesamte Trustvermögen an den Nachfolgebegünstigten auszuzahlen und der Trust somit aufzulösen ist. Der Nachfolgebegünstigte wird somit effektiv durch den Trust beerbt, ohne dass ein
langwieriges und öffentliches Nachlassverwaltungsverfahren vor einem zuständigen Gericht angestrengt werden muss.
Das Trustrecht ist in Kalifornien seit langem etabliert und wohlentwickelt. Trusts sind erheblich flexibler als testamentarische Nachlassregelungen, allerdings auch komplexer. Ein verlässlicher und
kundiger Vermögensverwalter ist für die erfolgreiche Verwaltung des Trustes
unabdingbar.
6. Wie können rechtliche Konflikte
in Nachlassfragen vorab vermieden werden?
Wenn Vermögenswerte in den USA vorliegen, ist die
Beratung mit einem qualifizierten Anwalt in dem entsprechenden Staat unabdingbar.
Ein Anwalt kann nach Begutachtung der Umstände des Einzelfalls ein
Gesamtkonzept zur Nachlassregelung ausarbeiten, um spätere rechtliche
Probleme zu vermeiden bzw. zu vermindern. Wenn bedeutende
Vermögenswerte auch in Deutschland oder anderen Ländern vorhanden sind,
sollte in enger Zusammenarbeit mit einem deutschen Anwalt ein passendes
Gesamtkonzept ausgearbeitet werden. Ein solches Gesamtkonzept kann - je
nach Einzelfall - verschiedene Komponenten umfassen:
-
Vermeidung/Verminderung
von voraussichtlichen Steuerlasten in den USA,
Deutschland und anderen Ländern.
-
Errichtung eines
rechtsgültigen Testaments.
-
Nichttestamentarische
Nachlassregelungen durch Treuhandverfügungen (living
trust).
-
Dauervollmachten für
persönliche Sorge und Vermögenswahrung im Falle der verminderten
Geschäftsfähigkeit.
-
Sonderregelungen,
etwa zur langfristigen Sorge für behinderte Kinder durch
treuhänderische Verfügungen, vertrauliche Vermächtnisse, und
dergleichen.
Als in Kalifornien zugelassene Kanzlei bieten wir
Beratung und rechtliche Vertretung in Fragen der Nachlassplanung,
Living Trusts, und anderen rechtlichen Angelegenheiten für
Privatpersonen und Firmen.
Wichtige
Hinweise: Die obigen Ausführungen dienen zur allgemeinen Information. Sie beziehen
sich in erster Linie auf das Erbrecht des US-Staates Kalifornien. Ähnliche
Regelungen gelten in den meisten anderen
US-Staaten. Im Einzelfall ist rechtliche Beratung durch einen
qualifizierten Anwalt in dem entsprechenden US-Staat unabdingbar.